Die Neue Nationalgalerie zählt zu den Ikonen der klassischen Moderne. Sie wurde in den Jahren 1965 bis 1968 nach Entwürfen von Ludwig Mies van der Rohe als erstes Museum auf dem Gelände des damals neu entstehenden Kulturforums in West-Berlin gebaut.
Nach fast 50-jähriger Nutzung musste der Bau angemessen saniert werden. David Chipperfield Architects übernahmen die Planung und Umsetzung zur Grundinstandsetzung. Neben der behutsamen und nachhaltigen Behebung gravierender Risiken, Mängel und Schäden sollte die Neue Nationalgalerie die Anforderungen eines zeitgemäßen Museumsbetriebs erfüllen. Dabei wurde so viel bauzeitliche Substanz wie möglich erhalten, um die visuelle Integrität des Denkmals zu wahren.
Eine Hauptaufgabe der Tages- und Kunstlichtplanung war es, unter Berücksichtigung des ursprünglichen Beleuchtungskonzepts Lösungen zu entwickeln, die die kuratorischen, konservatorischen, funktionalen, technischen und wirtschaftlichen Anforderungen eines Museums des 21. Jahrhunderts erfüllen und gleichzeitig den hohen denkmalpflegerischen und architektonischen Ansprüchen des Gebäudes gerecht werden. Die Bewertungen aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen wie Architektur, Denkmalschutz, Kunstwissenschaft und Technik mussten dabei miteinander in Einklang gebracht werden.
Die angestrebte bewahrende Erneuerung gelang nicht zuletzt deshalb, weil zu Beginn der Planungen intensiv auf bauhistorische Spurensuche gegangen wurde. Anhand von bauzeitlichem Fotomaterial sowie originalen Planungsunterlagen, Detailzeichnungen, Gesprächsnotizen und Bemusterungsprotokollen, die vom Archiv des Museum of Modern Art in New York zur Verfügung gestellt wurden, konnten detaillierte Einblicke in das ursprüngliche Lichtkonzept der Neuen Nationalgalerie gewonnen werden.
Die Grundinstandsetzung der Beleuchtung der Neuen Nationalgalerie erwies sich als herausfordernd, da sie möglichst unsichtbar bleiben musste. Rund 2.400 Bestandsleuchten mussten behutsam restauriert und in ihrer ursprünglichen Position im Deckenspiegel erhalten bleiben. Das Lichtbild der bauzeitlichen Leuchten im Raum und auf den Wänden war ebenso wie die Leuchten selbst schützenswertes Denkmal. Die für verschiedene Glühlampentypen der 1960er-Jahre entworfenen Leuchtengehäuse und optischen Komponenten wurden unter Verwendung neuester und für die museale Nutzung geeigneter Lichttechnik so umgerüstet, dass die ursprüngliche Lichtverteilung beibehalten werden konnte, ohne das denkmalgeschützte Erscheinungsbild zu verändern. Wie schon in den 1960er Jahren waren zahlreiche Bemusterungen und zudem einige Labortests für dieses Unterfangen erforderlich.
Die neue Lichttechnik ermöglicht trotz höherer Beleuchtungsniveaus drastische Energieeinsparungen von mehr als 80 % gegenüber der Beleuchtungsanlage des Bestands. Hinzu kommt die flexible individuelle Ansteuerung jeder Leuchte dank der neuen Lichtsteuerung, durch die auch vorprogrammierte Beleuchtungsszenarien abrufbar sind. Eine Akzentbeleuchtung durch Stromschienen und Strahler in einheitlicher Gestaltung ist als additives Element zum Lichtkonzept von Mies zu verstehen und tritt nur ausstellungsbezogen in Erscheinung.